Voraussetzungen für die erfolgreiche Restrukturierung außerhalb der Insolvenz
Liebe Geschäftsfreunde, sehr geehrte Damen und Herren,
Unternehmen, denen Zahlungsunfähigkeit droht, haben seit Jahresanfang 2021 mit den neuen Regelungen die Möglichkeit, sich eigenverantwortlich zu sanieren und so eine Insolvenz abzuwenden. Dazu hat die Bundesregierung das Sanierungsrecht neu justiert und mit dem SanIns-FoG ein Regelwerk geschaffen, welches einen vorinsolvenzlichen Vergleich ermöglichen soll.
Kern der Rechtsvorschriften ist das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG). Gleichzeitig wurden mehrere themenrelevante Gesetze angepasst, wie z.B. die Insolvenzordnung (InsO) und das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (CovidInsAG).
Für Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten ergeben sich dadurch neue Möglichkeiten zur finanziellen Entlastung.
Dies erweckt, wen wundert es, großes Interesse seitens der Beratungsanbieter, namentlich der großen Beratungsunternehmen, die diesen neuen Restrukturierungs-Baustein gerne in ihre Leistungspalette aufnehmen. Das gilt auch für die Restrukturierungsumsetzer, sog. CRO in der Funktion des Interim-Managers. Auch Insolvenzverwalter greifen diese vorinsolvenzliche Restrukturierungsmöglichkeit auf.
Um die detaillierten Rechtsvorschriften (alleine das StaRUG hat 102 §§) – ggf. unter Einbeziehung der neugeschaffenen Restrukturierungsgerichte (drei in Bayern) abhandeln zu können, sind ausgebildete und insolvenzrechterfahrenen Anwälte erforderlich. Ohne sie ist diese Art Vergleichsverfahren nicht durchführbar. Die aktuellen Veröffentlichungen und Kommentierungen in den sozialen Netzwerken über Verfahren und Vorteile der neuen Möglichkeiten erfolgen denn auch schwerpunktmäßig aus juristischer Perspektive.
Unternehmer und Führungsverantwortliche hingegen stellen sich die Frage, ob die vorinsolvenzliche Sanierung nach neuer Regelung für ihrem konkreten Fall in Frage kommt. Ob sie die dazu erforderlichen betriebswirtschaftlichen und systemischen Voraussetzungen erfüllen.
Als Unternehmer wissen Sie, dass mit einem finanziellen Vergleich alleine nicht automatisch alle Probleme gelöst sind. Auch das StaRUG fordert ausdrücklich (in §14), dass durch den Restrukturierungsplan die Bestandsfähigkeit „sicher- oder wiederhergestellt“ wird.
Worum geht es wirklich? Es geht im Kern darum, über den Schuldenerlass hinaus, die Problemursachen und ihre Wirkungen im Kontext zu verstehen, Blockaden zu beseitigen und Raum für neue Lösungen zu schaffen. Dies erfordert eine grundsätzliche Re-Novierung an der Wurzel. Sonst kommen Firmen auf Kurz oder Lang wieder in Schwierigkeiten.
Der Restrukturierungsansatz ist daher unbedingt weiter zu fassen als der rein Juristische im StaRUG.
Leicht einsichtig, dass es eines erfahrenen, interdisziplinär aufgestellten Führungsteams bedarf, um diese Aufgabe erfolgreich zu lösen. Neben dem Unternehmer und seinen Führungskräften kann ein solches Team aus einem Fachanwalt, einem gestaltenden- und den Prozess begleitenden Berater, sowie bei Bedarf auch einem umsetzungserfahrenen CRO bestehen. Ein erster erfolgsentscheidender Schritt ist die Erarbeitung einer passenden individuellen Lösung. Danach ist die Gestaltung bis zur Umsetzung im Zusammenhang vorzudenken und zu planen; idealer Weise zusammen mit einem erfahrenen Berater, dessen Außensicht wertvolle Dienste leistet.
Unternehmenskrisen haben in aller Regel komplexe Ursachen- und Beziehungszusammenhänge. „Und wer weiß, wie der Karren in den Dreck gefahren wurde, weiß noch lange nicht, wie er wieder heraus kommt“.
Für Unternehmer und das Unternehmen ist es daher über-lebens-wichtig, die unterschiedlichen Ansätze und ihre Auswirkungen m Zusammenhang zu verstehen und zu unterscheiden. Und sich frühzeitig Gedanken darüber zu machen, welche Personen er im Krisenfall zuzieht. Schließlich geht es um eine vertrauensvolle, umfassende und zielgerichtete Begleitung mit dem erforderlichen Tief- und Weitblick: Es geht um nichts weniger als um die Erhaltung und Fortführung ihres Lebenswerkes.
Meine Empfehlung
Bevor Sie konkrete Schritte ergreifen und dafür Geld und Zeit investieren, sollten Sie die folgenden drei praktisch bewährten Kriterien kennenlernen. Entscheiden Sie danach selbst ob das neue Schuldenbereinigungsverfahren für Ihr Unternehmen geeignet ist – oder ob eine andere Lösung gefunden werden sollte.
1. Geschäftsvolumen, Transparenz und Rentabilität
- Das Unternehmen darf „nur“ drohend insolvent und nicht schon insolvent sein. Das ist durch geeignete Rechenwerke dazulegen. Das Unternehmen ist also (noch) so durchfinanziert oder refinanzierungsfähig, dass es während der Restrukturierungsperiode (die ist mit 3 bis 6 Monaten sehr kurz) liquide bleibt. Andernfalls steht vor oder während des Verfahrens die Insolvenz bevor.
- Ein Vergleich wird auf die zu einem festzulegenden Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten geschlossen. Die Summe der hierfür infrage kommenden Verpflichtungen muss hinreichend hoch sein, damit ein klarer wirtschaftlicher Vorteil nach Abzug der Kosten verbleibt.
- Das Unternehmen muss nach Abschluss der Restrukturierung rentabel arbeiten, mit Potenzial zur stabilen Gewinnerzielung über die Zeit. Daraus folgt, dass für dauerhaft unrentable Unternehmen dieser Restrukturierungsbaustein nicht in Frage kommt.
- Transparenz erfordert schnelle und flexible Auswertungsmöglichkeiten aus Finanzbuchhaltung, Einkauf und Produktionssteuerung. Dies erfordert eine gut ausgebaute EDV mit geschultem Fachpersonal. Schnelle, außergewöhnliche Datenabfragen sind erfolgskritisch.
2. Strategische Voraussetzungen
- Die Mitglieder der Geschäftsführung sind zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement verpflichtet (§1 StaRUG). Obwohl derzeit noch die Ausführungsvorschriften seitens des Justizministeriums fehlen, werden jetzt auch KMU in die Pflicht genommen – eine Aufgabe, die in ihrer Bedeutung bis heute häufig unterschätzt wird.
- Vorausgesetzt wird ein stabile Führungsmannschaft, die in der Lage ist, Stress-Situationen bewältigen zu können. Denn Restrukturierungsvorhaben finden außerhalb der Komfortzone statt. Führungsteams können in Krisensituationen schnell ihre Leistungsgrenzen erreichen.
- Einsetzende Auflösungsprozesse mit Personalabgängen von Schlüsselpersonen erschweren die schnelle Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen. Führung wird insbesondere in Krisenzeiten zur erfolgsentscheidenden Kernkompetenz.
- Eine immer wieder unterschätzte Voraussetzung ist ein tragfähiges Geschäftsmodell. Das Unternehmen muss in der Lage sein, auch künftig stabile Nachfrage mit wettbewerbsfähigen Produkten und Prozessen profitabel zu generieren. Für eine evtl. erforderliche Transformation muss noch genügend Zeit und Geld vorhanden sein. Schwierig bei Branchen, die derzeit – z.B. durch Corona – obsolet geworden sind. Es gilt die Weisheit: „Gegen den Markt kann man nicht sanieren“.
3. Intakte Beziehungen zu den Stakeholdern:
- Zwischen Geschäftsführung und Gesellschafterfamilie(n) sollte Einigkeit über die wahre Lage des Unternehmens und über die zu treffenden Maßnahmen bestehen. Über beides kommt es der Erfahrung nach in der Krise oft zum Streit. Hier ist die professionelle Vermittlung zwischen den verschiedenen Interessenssphären gefragt.
- Eine weitere, wichtige Voraussetzung sind produktive, von gegenseitigem Vertrauen geprägte Beziehungen, gerade auch zu den Lieferanten und Banken. Gläubiger müssen überzeugt sein, dass ein Forderungsverzicht für sie eine „gute Investition“ bedeutet, die sich durch künftige gute Geschäfte amortisiert. Ein Vergleich setzt über rein wirtschaftliche Erwägungen hinaus immer auch den guten Willen der Gläubiger voraus. Hier gilt es den ggf. eingetretenen Vertrauensverlust zu heilen. Nicht selten lassen sich verfahrene Situationen nur mit externer Hilfe bereinigen.
- Auch wenn Arbeitnehmeransprüche nicht verglichen werden dürfen – eine gute Beziehung zum Betriebsrat ist hilfreich, z.B. auch bei evtl. notwendigem Personalabbau oder bei Einrichtung einer Transfergesellschaft.
Spätestens in der Krise zeigt sich: Investitionen in menschliche und geschäftliche Beziehungen sind der Schlüssel zum Erfolg.
Fazit
Die vorinsolvenzliche Restrukturierung kann ein geeigneter Baustein außerhalb der Insolvenz sein, um ein Unternehmen in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Gläubigern zukunftsfähig aufzustellen. Ob dieses neue Schuldenbereinigungsverfahren nach StaRUG für Ihr Unternehmen das Verfahren Ihrer Wahl sein kann, hängt maßgeblich von Ihrer Einschätzung der drei, von mir ausgeführten Kriterien ab.
Sollten Sie sich für die vorinsolvenzliche Restrukturierung entscheiden, ist die erfahrene Begleitung von außen erforderlich. Art und Intensität entscheiden sich von der Ausgangssituation, der Krisenursachen, Ihrer Ziele sowie der Erwartungen der Stakeholder/Gläubiger im Zusammenhang.
Es können auch kreative Lösungsvarianten in den Blick geraten, welche die Restrukturierung nach StaRUG z.B. mit einem Unternehmensübergang, der Nachfolge oder einem Verkauf verbinden.
Zu bedenken ist auch, dass wichtige persönliche und geschäftliche Beziehungen in Krisenzeiten gestört sind, weswegen auch hier eine außenstehende Instanz heilsam wirkt – Ein oft unterschätztes Aufgabenfeld schon im „Normalbetrieb“.
Für Unternehmer und Geschäftsführer hat die Beschäftigung mit dem Thema StaRUG und die Förderung von Transparenz den Vorteil, eine evtl. schon bestehende Insolvenzantragspflicht durch geeignete Rechenwerke ausschließen zu können. Denn nichts wäre schlimmer, als für die Folgen einer verspäteten Insolvenzanmeldung in die persönliche Haftung genommen zu werden.
Ich kann Ihnen aus meiner langjährigen Erfahrung mit Restrukturierungen familiengeführter Unternehmen nur ans Herz legen, sich ausreichend und früh Zeit für Ihre Entscheidungsfindung zu nehmen.
Das von den mir bekannten Unternehmern bewährte und bevorzugte Verfahren ist immer noch das persönliche Gespräch. Hierzu stehe ich ihnen gerne zur Verfügung. Bei Bedarf und in Abstimmung mit Ihnen, kann ich das externe Team mit bewährten und mir persönlich vertrauten Netzwerkpartnern ergänzen. Das gilt sowohl für Fachanwälte wie auch für CRO’s.
Ich freue mich auf Ihr Interesse und auf Ihr Feedback.
Ihr Ulrich Bretschneider